Wer zieht für Deutschland die Strippen in Kopenhagen?

VORAB: Heute ist Blog Action Day. Heute werden weltweit tausende Blogs einen Artikel zum Thema Klimawandel veröffentlichen.

Steuersenkungen, Hartz IV-Schonvermögen, Gesundheitsfonds – die neue schwarz-gelbe Regierung hat einiges zu verhandeln. Doch dabei wird übersehen, dass die erste wichtige Aufgabe der neuen Koalition eine ganz andere ist: der Weltklimagipfel Ende des Jahres in Kopenhagen. Wenn dort ein neues globales Abkommen verabschiedet wird, betrifft dies nicht nur unmittelbar den Klimaschutz, sondern hat auch langfristige Auswirkungen auf unser Wirtschaftsleben. Wie viel Kohlendioxid (CO2) dürfen wir in die Luft pusten? – Diese Frage wird unmittelbar die Energiewirtschaft, die Automobilindustrie und viele weitere Sektoren treffen, letztlich unsere gesamte Gesellschaft. In Kopenhagen steht viel auf dem Spiel. Erreichen wir es nicht, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, wird das katastrophale Folgen haben: die Effekte des Klimawandels werden sich gegenseitig verstärken, und was das bedeutet, das mögen selbst profilierte Wissenschaftler nicht vorhersagen – der Klimawandel würde unkontrollierbar.

Nun ist die Frage, wer Deutschland bei dem „wichtigsten internationalen Treffen seit dem Zweiten Weltkrieg“, um mit den Worten des ehemaligen Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, zu sprechen, vertreten wird?! Zwar spricht für Deutschland in Kopenhagen in erster Linie die Europäische Union. Trotzdem ist es eine wichtige Frage, denn zu Klimaverhandlungen gehört mehr als nur der „offizielle Teil“. Noch-Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) war bei genügend Klimakonferenzen dabei. Er hatte unheimlich viele Kontakte und konnte diese vor allem für die informellen Verhandlungen nutzen.

Wer kommt nun? Gehandelt wird unter anderem Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU). Auf die Frage, ob man sich so schnell in die internationale Klimadiplomatie einarbeiten könne, sagte sie am Mittwoch im taz-Interview: „Ich gehe davon aus, dass es im Umweltministerium gute Mitarbeiter gibt, die einem neuen Chef das Notwendige über Aktenvermerke und Gespräche näherbringen können.“

Allein die Aktenvermerke werden kaum ausreichen. Die Kontakte und das informelle Taktieren können einem die Ministeriumsmitarbeit wahrscheinlich auch nicht beibringen. Das muss man sich durch viel Erfahrung erarbeiten. Dumm also, dass Kopenhagen jetzt bereits vor der Tür steht.

Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über ihren Schatten springt und Gabriel nach Kopenhagen schickt – auch wenn dieser inzwischen als SPD-Parteichef in der Opposition sitzt. Schließlich steht viel auf dem Spiel.

  1. Hallo Nadine,

    mit dem ersten Absatz sprichst du mir aus der Seele. Ich halte es allerdings für einen großen Fehler unserer Poliker, den Spielraum bis zum „plus 2 Grad“ Limit noch mit weiteren Klimagas-Emissionen ausreizen zu wollen. Falls sich die Berechnungen in der Realität als fehlerhaft erweisen sollten, gäbe es keinen Spielraum mehr nach oben. Bereits jetzt hört man aus den Nachrichten, dass die Erwärmung schneller fortschreitet, als es bis 2007 noch angenommen wurde. So war gestern zu Beispiel zu hören, die Dicke des Polareises betrage nicht 3 bis 4 Meter sondern weniger als 2 Meter.

    Deine Frage, wer für Deutschland nach Kopenhagen fahren sollte, würde ich mit einem Trio beantworten.

    1. Frau Merkel: Ihre ersten Reaktionen auf den IPCC-Klimareport 2007 ließen erkennen, dass sie genau darüber im Bilde ist, was für unseren Planeten auf dem Spiel steht. Nachdem sie von den Vertretern der Energiekonzerne und der Automilindustrie „bearbeitet“ worden war, ist davon leider nicht viel übrig geblieben. In Kopenhagen hätte sie die Chance, einiges wieder gut zu machen, und damit zu zeigen, dass es ihr mit ihren ersten Reaktionen damals ernst war. Außerdem hat sie schon aus der Zeit der Kohl-Regierung Erfahrungen mit internationalen Klimaverhandlungen.

    2. Herr Gabriel: Seine Rolle würde ich ähnlich sehen wie du. Da er dann keine Regierungsverantwortung hat, sollte er als Berater von Frau Merkel dabei sein, da er derjenige ist, der am besten über die letzten Klimatreffen informiert ist.

    3. Die/der zukünftige Umweltminister/in: Für sie oder ihn wäre das die beste Gelegenheit für einen guten Start in dieses schwierige Metier. Wenn er sozusagen als Assistent von Frau Merkel dabei wäre, dann könnte er nicht falsch machen, gleichzeitig aber erste wertvolle Erfahrungen sammeln.

    Von der Idee, dass ein Frischling als Umweltminister mit „Null Ahnung“ und einem Crash-Kurs von seinen Mitarbeitern nach Kopenhagen fährt, halte ich überhaupt nichts. Das kann nur schief gehen.

    Gruß,
    juwi

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